Lena Keller

Ich habe lange überlegt, ob ich das hier überhaupt in meinen Blog schreiben soll. Bin aber zu dem Entschluss gekommen, dass das zu meinem Jahr hier dazugehört und dass ich das auch nicht einfach für euch unter den Tisch kehren kann. Denn in vielen meiner Einträge habe ich von meiner Mitfreiwilligen Lena gesprochen. In den kommenden Beiträgen wird das nicht mehr der Fall sein. Jetzt aber erst mal auf Anfang. Während der zweiten Delegation, der Jugendgruppe von Burg Feuerstein, hat Lena Besuch von ihrer Familie bekommen. Sie hatten eine gute Zeit und waren glücklich sich nach fast 6 Monaten wieder sehen zu können. Nach eineinhalb Wochen in Thies wollten sie ein paar Tage nach Saint-Louise, in den Norden an die Grenze zu Mauretanien, fahren. Auf dem Weg dorthin hatte das Sammeltaxi, in dem sie saßen einen Unfall. Bei diesem sind drei von acht Menschen ums Leben gekommen. Zwei davon waren Senegalesen, es waren Brüder und die dritte war meine Mitfreiwillige Lena Keller. Ihre drei Familienmitglieder haben den Unfall überlebt, ihr Vater aber schwer verletzt. Nach einer Woche im Krankenhaus in Thies, in dem auch Lena gearbeitet hat, wurden sie zurück nach Deutschland gebracht. Mittlerweile gehts ihrer Familie in Deutschland zumindest physisch wieder einigermaßen gut. Es bedarf noch einige Zeit um die sichtbaren Wunden zu heilen und noch viel mehr für die Inneren. Die Zeit nach dem Unfall Lenas war für mich komisch. Die ersten zwei Wochen bin ich mehr oder weniger mit einem dauerhaft dumpfen Gefühl von der Zeit mitgezogen worden, wie mir erst später klar wurde. Lena und ich waren in den vorangegangenen 6 Monaten fast wie Schwestern geworden. Wir haben uns zwar auch ab und an mal etwas in die Haare bekommen, aber das ist ja schließlich normal. Jeder hat mal schlechte Tage, aber wir haben uns trotzdem immer überaus gut miteinander verstanden. Doch viel schwerer ist es für ihre Familie, die ein Familienmitglied verloren haben, welches eindeutig noch viel zu jung, mit 25 Jahren, aus dieser Welt gerissen wurde. Dieses Ereignis hat mir mal wieder vor Augen geführt, wie schnell unser Leben zu Ende gehen kann, wie schnell Pläne durcheinandergebracht werden können und Träume unerfüllt bleiben. Zu diesem Zeitpunkt habe ich von meiner Organisation freigestellt bekommen was ich jetzt mache. Also konnte ich mir überlegen, ob ich bleiben, abbrechen oder Urlaub in Deutschland machen sollte. Schließlich habe ich mich dazu entschieden zu bleiben. Ich bin keine Person, die schnell aufgibt, wenn es schwer wird. Außerdem habe ich auch hier Freunde, mit denen ich gemeinsam trauern konnte. Von Deutschland habe ich auch sehr viel Rückhalt bekommen. Von meiner Organisation, von Freunden und vor allem meiner Familie. Dafür bin ich sehr dankbar und ich wünsche jedem eine Mama wie meine, die auch einen Weg von über 4500 km zurücklegen würde, nur um ihr Kind in die Arme zu nehmen, wenn es das bräuchte. Mittlerweile geht es mir wieder gut. Ich konnte alles wie man so schön sagt verdauen und mich neu orientieren. Wenn man hinfällt, muss man aufstehen und weitermachen, denn der der liegen bleibt hat schon verloren. Ich werde mein Jahr zu Ende bringen, für mich und auch für Lena.

Dies war jedoch auch einer der Gründe, warum ich lange keinen Eintrag geschrieben hatte. Ich wusste nicht was und wie ich das schreiben sollte. Anfang März war ich dann noch auf einem Seminar in Gambia und eine Woche später kamen so wie schon geplant meine Familie zu besuch, was mir sehr gutgetan hat. Dazu schreibe ich euch aber in den nächsten Blogeinträgen.

2 Gedanken zu “Lena Keller

  1. Liebe Sina…

    Den und auch die ganzen anderen Blogs hast du sehr schön geschrieben. Wir wünschen dir weiterhin alles gute und hoffen wir sehen uns demnächst mal wieder..

    L.g Nick, Daniela und Jolina aus Bremen

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